Erwerbstätige müssen mehr Geld zur Verfügung haben als Empfänger von Sozialleistungen. Es sei ein falsches Signal, wenn sich der Lohnabstand verringere. Dies ist die Meinung von Christian Lindner (FDP). Er nennt dabei Jens Spahn’s Kritik berechtigt.

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    1 year ago

    Ein gewissen Abstand sollte es geben, klar. Dies kann aber nur durch eine Steigerung der Löhne erfolgen. Hierzu ein paar Gedanken um an deinen Kommentar anzuknüpfen:

    • Bürgergeld soll per Definition und Verfassungsgerichturteil das Existenzminimum sichern. Zu einem solchen gehört neben Wohnung, Essen, Trinken auch soziale Teilhabe. Die ist mit dem aktuellen Satz nicht möglich. Weiterhin sollte das Minimum per Definition auch nicht gekürzt (Sanktionen) werden können, was ja aber CDU und FDP wollen.
    • Geld in den Taschen von Bürgergeld Empfängern und Geringverdienern wird nahezu zu 100% verkonsumiert, sichert also den Binnenkonsum und somit die lokale Wirtschaft. Alle sollten also ein Interesse an einer entsprechenden Höhe von beiden haben.
    • Auch gering qualifizierte Hilfsjobs sollten einen armutsfesten Lohn haben (aktuell ca 14€/h laut EU Gesetz ab 2024). Das neoliberale Argument, das man sich ja einfach besser qualifizieren könnte und dann mehr verdient, greift nicht. Ich fahre zB auch gerne in Zügen mit sauberen Klos und finde auch Putzkräfte sollten von ihrem Lohn leben können und nicht immer denken dass sie sich doch einfach besser qualifizieren müssten.
    • Das der Staat Dinge wie den Mindestlohn vorschreibt (was er ja aktuell nicht tut, sondern dies in eine komische Kommission mit Arbeitgebern ausgelagert hat) ist Grundaufgabe des Staates. Somit ist es legitim, dass er den Mindestlohn anhebt um den Lohnabstand wieder herzustellen. Es ist kein ungerechter Eingriff in die Freiheit der Arbeitgeber.
    • Löhne sind in D generell äußerst niedrig. Das ein höherer Mindestlohn zum Zusammenbruch der Wirtschaft führt ist schlicht falsch und wurde in der Vergangenheit auch so bestätigt. Bis dies passiert ist noch eine Menge Luft nach oben.
    • Das es dich nervt immer mehr in die Pflegeversicherung einzuzahlen kann ich verstehen. Zum einen erhält die Gesellschaft hier aber eine Gegenleistung und zum anderen sind die aktuellen Erhöhungen darauf begründet, dass die Beitragsbemessungsgrenze nicht erhöht würde, also explizit Reiche von zu starken Steigerungen befreit. Sie könnten mehr (prozentuell aber den gleichen Anteil wie du, aktuell zahlen sie prozentuell weniger als du) geben, dann müsstest du nicht mehr zahlen. So aber von der FDP zuletzt verhindert.
    • Deutschland ist die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt. Viele denken Deutschland ist ein kleines unbedeutendes Land. Das stimmt aber so einfach nicht. Wir sind extrem wohlhabend und international einflussreich. In so einem Land ist es eine Schande und verschwendetes Potential wenn teilweise bis zu 1/4 aller Kinder (unsere Zukunft) arm oder von Armut bedroht sind. Armut führt zu schlechter Gesundheit, schlechter Bildung und das in Zukunft zu einer schwachen Wirtschaft. Man schießt sich also selbst ins Knie wenn man die Armut, zb durch eine Erhöhung der Grundsicherung, nicht bekämpft.
    • DrunkenPirate@feddit.de
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      1 year ago

      Puh viele Punkte. Stumme ich auch überall zu. Nur, wie kommt man da hin? Wo kommt das Geld her? Ich habe dad Gefühl, dass die Politik sich in letzter Zeit überschlägt mit Milliardenpaketen. Das ist mit echt zu viel. Die können das Geld doch nicht immer nur rauskloppen und anschließend neue Steuern ausdenken und ein dazugehöriges Formular. Der Solidaritätsbeitrag war mal ursprünglich für den Aufbau der ExDDR gedacht. 30 Jahre später zahle ich den immer noch. Das Geld wird jetzt für was anderes verwendet.

      Von den Milliarden für den demographischen Wandel (Rente, Pflege, Kranken) und dem Klimawandel fange ich mal nicht an.

      Achso, wo kommt das Geld vom Staat her? Zum größten Teil aus Lohneinkommen/ Einkommenssteuern. D.h. obere Einkommen noch stärker besteuern. Und obere fängt inzwischen schon bei über dem Median an/ obere Hälfte.

      • klisklas@feddit.de
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        1 year ago

        Hier müsste ich eine extrem lange Antwort schreiben, daher nur ein paar Stichpunkte:

        • Der Soli war nie dazu gedacht, nur die Kosten der Einheit zu finanzieren. Er sollte auch die Kosten des Golfkriegs mit tragen. Natürlich könnte man ihn streichen und dafür einen neuen oder höheren Spitzensteuersatz erheben.

        • Das Geld des Staates kommt eben nicht ausschließlich aus Steuern. Woher kommt denn das Geld, womit die Leute ihre Steuern zahlen? Wenn du den Gedanken immer weiter fortsetzt, entsteht ein unendlicher Kreis. Das es kein anderes Geld als Steuerzahlergeld gibt ist eine neoliberale Erfindung von Thatcher. Hier empfehle ich paar Videos hiervon. Man muss sich aber drauf einlassen und die Gedanken eine Zeit reifen lassen. Anmerkung zu den Videos: Die Message ist NICHT, dass der Staat einfach Geld druckt und alles damit finanziert. Ich habe auch lange gebraucht um gewisse Zusammenhänge zu verstehen, die einem ein Leben lang anders vermittelt wurden.

        • Der Staat kann durchaus solche Milliardenpakete auflegen wie aktuell. Die 100 Mrd für die Bundeswehr wurden ohne Diskussion, ohne “wie finanzieren wir das?” erzeugt, das innerhalb einer 20min Rede. Es liegt vielmehr daran, was hinter den Ausgaben steht. Sind sie ein Investment, welches das Land und die Wirtschaft nach vorne bringt? Dann zahlen sie sich auch aus.

        • Du sagst obere Einkommen müssen stärker besteuert werden. Das denke ich auch und zwar deutlich, aber man sollte oben auch viel weiter oben anfangen lassen. Weiterhin sollte man Einkommen aus nicht Lohnarbeit (Finanzprodukte, Erbschaft en) stärker bestreuen, da Lohn in Deutschland tatsächlich hoch besteuert ist, die anderen Sachen aber kaum.

        • DrunkenPirate@feddit.de
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          1 year ago

          Laut Destatis https://www-genesis.destatis.de/genesis/online?language=de&sequenz=tabelleErgebnis&selectionname=71211-0001#abreadcrumb finanziert sich der Staat zu 25% aus Einkommensteuern und 24% aus Mehrwertsteuern. Beides die größten Punkte. Also der Bürger und der Konsum.

          Die unteren 50% der Einkommen (also unter 45.000€ Medianjahreseinkommen) kommem für 32% des Einkommensteueraufkommens auf. D.h. Gut 2/3 der Einkommenssteuer kommt von den 50% oberen Einkommen. https://www.destatis.de/DE/Themen/Staat/Steuern/Lohnsteuer-Einkommensteuer/Tabellen/gde.html Mit ner krassen Spitze bei den Verdiensten von 75-125.000€ im Jahr, die 23% beitragen. Obwohl es nur 11% (4,7 Mill Menschen) Leute sind. Wenn du Spezialist bist, dann bist du schnell in dem Gehaltsbereich. Die zahlen am meisten Steuern absolut und prozentual.

          Nein, ich bin nicht dafür diese Menschen, die sich hochgearbeitet haben noch mehr zu besteuern. Deutschland hat nach Belgien die höchste Besteuerung in Europa.

          Ich bin dafür alle Einkommenssteuern radikal zu senken und stattdessen Erbschafts- und Kapitalsteuern stark zu erhöhen. Reich wird man Deutschland nicht durch Arbeit, sondern durch Geld und Erbschaft. Beides wird kaum besteuert.

          Das hat ja inzwischen feudalistische Züge bekommen: Man bleibt in seiner Klasse und kommt durch eigene Kraft nicht mehr raus. Nur das Glück der Geburt bestimmt über deinen sozialen Status. Nach oben ist gedeckelt, denn da verhindert die Steuerlast den Aufbau von Vermögen. Reiche bleiben unter sich.

          • klisklas@feddit.de
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            1 year ago

            finanziert sich der Staat zu 25% aus Einkommensteuern und 24% aus Mehrwertsteuern

            Das sind Anteile an den Steuereinnahmen. Der Haushalt umfasst aber mehr als Steuereinnahmen. Z. B. Der Verkauf von Staatsanleihen, Sondervermögen oder Beteiligung an Investitionsgesellschaften. Außerdem erhebt der Staat die Steuern in seiner eigenen Währung. Die Leute können sie also nur bezahlen, wenn sie vorher einmal Staatsgeld erhalten haben. Schulden sind im Prinzip auch nichts schlechtes, man muss nur den Gegenwert sehen. Aktuell Bremsen wir uns hier massiv aus und lassen dadurch Infrastruktur, Industrie, Bildung etc vor die Hunde gehen. Das alles schadet dem Land auf Dauer mehr als heute ein paar Schulden mit entsprechenden Investments zu machen.

            Mit ner krassen Spitze bei den Verdiensten von 75-125.000€ im Jahr, die 23% beitragen

            Das starke Schultern mehr Tragen ist so in unserem Grundgesetz verankert und das halte ich auch für sinnvoll. Starke Schultern sollten aber natürlich wo anders beginnen, da je niedriger die Einkommen, desto höher die Konsumquote, hier wäre es unsinnig viel durch Steuern abzugreifen. Wenn Lindner oder CDU jedoch von Steuersenkung spricht fangen sie immer ganz oben an.

            Nein, ich bin nicht dafür diese Menschen, die sich hochgearbeitet haben noch mehr zu besteuern. Deutschland hat nach Belgien die höchste Besteuerung in Europa.

            Ganz deiner Meinung, Steuern auf Lohnarbeit sind hier zu hoch meiner Meinung nach. Der Hochststeuersatz greift auch zu früh, ebenfalls deiner Meinung.

            Reich wird man Deutschland nicht durch Arbeit, sondern durch Geld und Erbschaft. Beides wird kaum besteuert.

            Das ist der Punkt. Von vielen leider öffentlich total falsch dargestellt und als Begründung für Steuer- und Abgabensenkungen an falscher Stelle missbraucht.