Ich beharre auch nicht auf das generische Maskulinum, weil es maskulin ist (ist es für mich auch nicht), sondern, weil es einfach ist und inklusiv gemeint. Von mir aus nutzen wir das Femininum, mir total egal.
Ich erinnere mich an ein lustiges Lesebeispiel aus dem Studium:
Die beiden Versuchsleiter mussten die Versuchspersonen ihrer Studie wieder ausladen, weil einer von ihnen schwanger war.
Ich glaub dir natürlich dass das generische Maskulinum für dich nicht per se nur auf Männer hinweist, aber es gibt immer wieder Ausdrucksformen, wo man so ein bisschen einen Knoten im Hirn kriegt. Und das weißt eben darauf hin, dass unser Sprachverständnis zumindest eine Tendenz in die Richtung aufweist. (Und es gibt halt auch Studien, die das zeigen.)
Ein generisches Femininum hätte dasselbe Problem. Vielleicht würde es für ein paar Jahrzehnte funktionieren, einfach weil es alle so weird finden. Aber danach hätten wir die gleiche Tendenz geschaffen, nur andersherum.
Ich finde diese ganze Debatte ist einfach so ein unnötiger Grabenkampf, wenn man bedenkt, wie man die Sichtbarkeit der Menschen eigentlich noch viel dringender herstellen müsste. Zum Beispiel durch den Abbau von diesen beschissenen Stereotypen.
Ich versteh schon was du meinst, aber das ist eine riesige Aufgabe. Stereotype sind tief verwurzelt in unserem Denken, unseren Erwartungen, unserer Vorstellung; quasi eine gesellschafts- und generationenübergreifende Gewohnheit, auf die wir unbewusst immer wieder zurückgreifen. Um das direkt zu ändern bräuchten wir eine Hypnokröte. Was wir ändern können sind die Bedingungen unserer Gesellschaft, die solche Stereotype aufrechterhalten. Wir können versuchen, uns gemeinsam umzugewöhnen. Wir können Menschen sichtbar machen, die dem Stereotyp widersprechen. Wir können junge Männer motivieren, Röcke zu tragen und Geburtshelfer zu werden; wir können Frauen motivieren, Informatik zu studieren. Gendern ist ein weiterer Versuch der Umgewöhnung. Weil Sprache Denken formt und es kein Zufall ist, dass wir bei “Versuchsleiter” überzufällig häufig (wenn auch nicht immer) an einen Mann denken und “Geburtshelfer” viel ungewohnter klingt als “Hebamme”.
Wenn du als kleiner Junge in der Schule immer nur von Ärzten und Erzieherinnen hörst, formst das deine Erwartungen daran, wer diese Jobs macht; und diese Erwartungen formen deine Entscheidung, welcher Beruf für dich in Frage kommt. Wenn du als kleines Mädchen immer wieder mitbekommst wie alle Erwachsenen über ihren Chef schimpfen dann kapierst du, dass das immer noch vor allem Männer sind. Das heißt die Gewohnheit wird aufrechterhalten. Das ist der einzige Grund, warum Gendern langfristig hoffentlich nützlich ist; weil es bedeutet, dass unsere Sprache unserem Versuch, diese Stereotypen hinter uns zu lassen, zumindest nicht mehr im Wege steht (und vielleicht sogar ein bisschen dabei hilft).
Puh, ist jetzt schon wieder viel zu lang geworden, sorry. Ist ja alles nichts neues - nur immer gar nicht so leicht, das ganze in Worte zu fassen.
Ja, das wäre bestimmt keine einfache Umgewöhnung. Für Konservative eine Steilvorlage für Widerstand (oder Häme). Letztendlich würden wahrscheinlich alle Formen des Genderns irgendwie funktionieren, wenn wir erstmal gewöhnt daran wären - an den Punkt zu kommen ist aber die große Hürde, und gerade da hat Phettberg schon einen Nachteil, da geb ich dir recht.