Eigentlich sollte die Nachricht von der Befreiung Julian Assanges lauten Jubel in Brüssel auslösen. Schließlich setzt sich die EU seit Jahren für den Schutz von Whistleblowern ein. Neuerdings hat sie sogar ein Medienfreiheitsgesetz, das auch Journalisten den Rücken stärken soll.
Doch als die Meldung um die Welt ging, kam aus der EU-Hauptstadt erst mal – nichts. Weder die für Medienpolitik zuständige EU-Kommissarin Vera Jourova noch Behördenchefin Ursula von der Leyen hielten es für nötig, Assanges Freilassung und den offenbar zugrunde liegenden Deal mit den USA zu kommentieren.
Das Schweigen der Europäer ist nicht neu. Die EU hat noch nie einen Finger für den wohl prominentesten und wichtigsten Whistleblower gekrümmt. Selbst als Großbritannien noch Mitglied war, taten die EU-Kommission und die meisten deutschen und europäischen Politiker so, als ginge sie der Fall nichts an.
Man nahm Rücksicht auf die USA – und auf die schwedische Justiz, die Assange zunächst der Vergewaltigung beschuldigt hatte. Doch als die Anklage schließlich in sich zusammenbrach, änderte sich die Haltung der EU nicht. Auch das Europaparlament konnte daran nichts ändern.